Sie ist nicht so berühmt wie ihre Jäger-Kolleginnen, und sie sieht auch nicht so spektakulär aus. Trotzdem stand die Grumman A-6 Intruder länger bei den amerikanischen Marinefliegern im Dienst als die meisten anderen Trägerflugzeuge. Ihre Fertigung lief sogar noch drei Jahrzehnte nach dem Erstflug US Navy und US Marine Corps suchten ein trägergestütztes Angriffsflugzeug, das auch bei Nacht und schlechtem Wetter Ziele angreifen konnte. Die Spezifikation TS149 vom Februar 1957 gab eine Höchstgeschwindigkeit von 925 km/h und eine Reichweite von 555 Kilometern vor. Dabei sollte das Muster zweisitzig sein und Kurzstart- und Kurzlandefähigkeiten aufweisen. Anfang 1958 erhielt Grumman als einer von acht Bewerbern den Zuschlag. Das Modell 128 erhielt wenig später die Navy-Bezeichnung A2F-1.
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Konstrukteur Lawrence Mead und sein Team hatten zunächst an mehreren Entwürfen mit einem Flügel in M-Form gearbeitet, also nach vorne gepfeilte innere Segmente mit nach hinten gepfeilten Außenflügeln. Die endgültige Auslegung fiel dann doch etwas konventioneller aus und besaß einen nur mäßig gepfeilten Flügel. Die Besatzung saß nebeneinander, wobei der Sitz des Piloten aus Sichtgründen etwas weiter vorne installiert war. Die Schubdüsen der zwei an der Rumpfunterseite angeordneten J52-Triebwerke sollten um 23 Grad nach unten schwenkbar sein, um die Startstrecke zu verkürzen. Herzstück des Projekts war das DIANE-Waffensystem (Digital Integrated Attack Navigation Equipment); es bestand aus einem Suchradar (AN/APQ-92), einem Verfolgungsradar (AN/APQ-112), einem Trägheitsnavigationssystem (AN/ASN-31) und mehreren Computern.
Schwenkbare Triebwerksdüsen fallen weg
Der Prototyp der Grumman A-6 Intruder im Flug. Foto: KL-Dokumentation
Am 26. März 1959 bestellte die Marine acht in zwei Lose aufgeteilte Prototypen, die in Bethpage auf Long Island gebaut wurden. Die Gesamtsumme des Auftrags belief sich auf 101 Millionen Dollar. Für den Jungfernflug brachte Grumman die erste Maschine (Navy-Nummer 147864) ins nahe gelegene Calverton. Dort hob Robert Smyth am 19. April 1960 mit der A2F-1 erstmals ab. Aufgrund der Ergebnisse der Flugerprobung vergrößerten die Ingenieure unter anderem das Seitenruder und entwarfen Luftbremsen an den Flügelspitzen, die die Bremsklappen an den Rumpfseiten ersetzten. Außerdem zeigte sich, dass die schwenkbaren Triebwerksdüsen nur bei relativ geringen Startmassen sinnvoll waren, sie fielen daher bei den folgenden Exemplaren weg.
Die Intruder war der erste Typ der US Navy mit einer Katapultbefestigung am Bugfahrwerk. Während die entsprechenden Versuche des inzwischen im Rahmen der Bezeichnungsreform der US Navy A-6 genannten Jets auf dem Flugzeugträger USS "Enterprise" im Dezember 1962 recht erfolgreich verliefen, machte das komplexe DIANE-System Probleme. Aufgrund einiger Änderungen verzögerte sich die Einsatzerprobung um knapp ein Jahr. Dennoch sah der Verteidigungshaushalt für 1962 bereits 24 A-6A-Serienmaschinen vor. Am 7. Februar 1963 konnte die für die Ausbildung verantwortliche Staffel VA-42 "Green Paws" auf der Naval Air Station Oceana bei Virginia Beach ihre ersten A-6A in Empfang nehmen.
Feuertaufe in Südostasien
Für ihre Einsatzfahrt auf einem Flugzeugträger bereiteten sich Besatzungen der VA-128 mit ihren Grumman A-6 Intruder auf der NAS Fallon im Dezember 1977 vor. Foto und Copyright: US Navy
Der erste Einsatz ließ nicht lange auf sich warten: Am 1. Juli 1965 starteten Intruder der VA-75 "Sunday Punchers" von der USS "Independence" zu Missionen über Südostasien. Allerdings gingen mehrere Maschinen verloren, weil ihre Mk-82-Bomben bei steileren Anflügen zu früh detonierten. Ähnliche Unfälle kamen auch bei anderen Typen vor. Erst ein neues Abwurfsystem, bei dem die Bomben mittels kleiner Sprengladungen ausgelöst wurden, behob das Problem. Bei der Intruder erwies sich aber das DIANE-System weiterhin als unzuverlässig. Die Klarstandsrate betrug zwischenzeitlich nur 35 Prozent. Darunter litten anfangs auch die Marines. Deren Staffel VMA(AW)-242 hatte bereits im November 1966 nach Da Nang in Zentralvietnam verlegt Die Besatzungen mussten oft schwer verteidigte Ziele bei Nacht angreifen. Insgesamt gingen während des Vietnamkrieges 68 Intruder durch Feindeinwirkung und 15 durch Unfälle verloren.
Ab den 70er Jahren war die A-6 schließlich auf allen Einsatzfahrten der US-Flugzeugträger vertreten. Sie befand sich bei 16 Staffeln der Navy und sieben Einheiten der Marines im Einsatz. Vor allem aufgrund des geräumigen co*ckpits – es gab sogar Behälter für Verpflegung – und der hohen Zuverlässigkeit war das Grumman-Produkt bei den Piloten sehr beliebt. In den 80er Jahren setzte die Marine den Jet über dem Libanon und gegen Libyen ein. Im letzteren Konflikt versenkten die Crews unter anderem mehrere libysche Schiffe. Im Golfkrieg 1990/91 absolvierten A-6 Intruder der Navy und Marines rund 4700 Einsätze; drei A-6 wurden dabei abgeschossen. Später flog das Muster Patrouillen über dem Irak und über Bosnien.
Vorzeitige Außerdienststellung
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Zwischenzeitlich musste indes die Flotte wegen Materialermüdung gegroundet werden. Um die Lebensdauer zu verlängern, entwickelte Boeing eine Tragfläche aus Verbundwerkstoffen, die bei den letzten 21 Exemplaren zur Anwendung kam. Technische Probleme mit dem neuen Flügel führten jedoch zu erhöhten Kosten, so dass die Navy die Nachrüstung im Jahr 1993 aufgab. Das gleiche Schicksal traf auch die weiterentwickelte A-6F. Daher endete die Produktion mit der Übergabe der 205. A-6E (Nummer 164385) am 31. Januar 1992. Ursprünglich sollte das Kampfflugzeug bis 2015 im Einsatz bleiben, aber wieder einmal machten die Finanzplaner diesem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung. Beim Marine Corps ging die A-6 im April 1993 außer Dienst, und am 19. Dezember 1996 starteten A-6 zum letzten Mal von einem Navy-Träger. Es waren passenderweise Intruder der VA-75,die ja die ersten Einsätze des Musters geflogen hatten. Sie flogen vom Deck der USS "Enterprise", auf der die A-6 ihre Trägererprobung durchlaufen hatte. Zwei Monate später stellte die Marine den Jet offiziell außer Dienst. Der geplante Nachfolger A-12 Avenger II kam nicht über das Reißbrettstadium heraus.
FLUG REVUE Ausgabe 11/2012
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